Cocktailgeschichte Teil 3

WIE KAM DER COCKTAIL NACH DEUTSCHLAND?

Wie es mit dem bittered sling namens "cock-tail" nach seiner Erfindung weiterging, erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag.

VOM COCKT-TAIL ZUM COCKTAIL

Wer hätte wohl Anfang des 19. Jahrhunderts gedacht, dass der Drink namens „cock-tail“ den Beginn einer eigenen kulinarisch-kulturellen Entwicklung darstellte und gleichzeitig auch deren Namenspatron war. 

Das Amerika der Einwanderer aus Old Europe war selbst eine wilde Mischung, ein Schmelztiegel vieler kultureller Mitbringsel aus verschiedenen europäischen Ländern. Das betraf natürlich auch den Bereich der alkoholischen Getränke und Spirituosen. Viele der Einwanderer brachten nicht nur Erfahrung und Vorlieben in heimatlicher Trinkkultur sondern auch in der Herstellung mit in die neue Heimat und setzten diese zur Produktion und Weiterentwicklung vor Ort ein. In den Weiten der Neubesiedelungen war die eigene Brennerei und Brauerei nichts ungewöhnliches.

Auch der Ort des gesellschaftlichen Ausschanks und Spirituosenkonsums durchlief parallel zur Entwicklung der Drinks eine Verwandlung. Von den Drugstores zu den Westernsaloons, in denen das Getränkeangebot samt Wirt durch eine Barriere, kurz „Bar“, vor den oft ungestümen Gästen geschützt werden mußte. Bis hin zur „American Bar“, die bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts ein fester Bestandteil des amerikanischen Gesellschaftslebens war. In dieser Zeit der ersten Mixed-Drink-Welle erschien auch ein erstes Buch zur Anleitung des Mixens alkoholischer Spezialitäten:

„How to Mix Drinks“ von Jerry Thomas, 1862.

FORTSCHRITT IN LOGISTIK UND TECHNIK

Daneben etablierten sich die Handelswege über den Ozean und neue Techniken verbesserten sowohl Transportmittel als auch Landwirtschaft und Produktion. Die Fülle aus eigener Herstellung und Import sorgte für eine inspirierende Auswahl an Spirituosen und Zutaten für die Entwicklung vieler neuer Rezepte für Mixed Drinks mit Whisky, Brandy, Wodka, Gin, Rum & Co. und dazu passenden Süßungsmitteln, Gewürzen und Früchten. Durch einen findigen Geschäftsmann und die Entwicklung von Kühlmethoden stand ab Mitte des 19.Jahrhunderts auch gehacktes Eis zur Verfügung, das alkoholische Getränke stark abkühlte und damit angenehmer schmecken ließ.

KATEGORIEN FÜR DRINKS

Schließlich wurde diese Drink-Vielfalt so groß, dass es sich lohnte, sie in Kategorien einzuordnen. Short-Drinks für den schnellen Schluck und Longdrinks für langsameres Genießen stellten die erste grobe Unterscheidung dar. Je nach Inhalt wurde noch zusätzlich nach Zutaten, Zubereitungsart und Verwendung unterschieden. So entstanden Drinks Before- oder After-Dinner, Nightcups, Katerkiller, Winterdrinks und Sommerdrinks. Die Kategorie „Cocktail“ umfasste im Zuge dessen die alkoholischen Shortdrinks, welche ohne Eis in einem Stilglas serviert wurden. Der Begriff erfuhr somit seine erste Ausdehnung.

AUSWANDERUNG NACH EUROPA

Auch die Zeit der amerikanischen Prohibition 1920-1933 nahm Einfluss auf die Geschichte des Cocktails, denn die stoppte den öffentlichen Ausschank, so dass dieser eine Weile im illegalen Untergrund darben musste und erst recht phantasievoll getarnt wurde. Außerdem sorgte das Alkoholverbot dafür, dass mancher Barkeeper nun wiederum in Europa sein Glück versuchte und die Barkultur auch dort aufkeimte. Die Karriere des Cocktails in Europa begann in den großen und quirligen Metropolen, dem Paris und London der 30er Jahre, wo auch neue Rezepte entstanden.

COCKTAILS IN DEUTSCHLAND

Nach Wirtschaftskrise und den Weltkriegen, mit der Anwesenheit vieler Engländer und Amerikaner, wuchs endlich auch in Deutschland der Bekanntheitsgrad der Cocktails. Zunächst als Angebot in Hotelbars, wurde es in den 50er Jahren schick auch auf Hauspartys „Cocktails“ selbst zu mixen, was dazu beitrug den Begriff recht unbedarft immer weiter auszudehnen. Dabei spielte vielleicht auch eine Neuentwicklung keine kleine Rolle. Durch den Einzug eines Kühlschranks mit Eisfach in die Privathaushalte war die spritzig-kühle Selbermixerei auf der eigenen Cocktailparty nämlich erst so richtig möglich. Die Damenwelt trug dazu das passende Cocktailkleid.

Ab den 70er Jahren entstand an Amerikanische Bars angelehnte Spirituosen-Gastronomie und so mancher populäre Hollywoodfilm verstärkte den Trend zum bunt gemixten und dekorierten „Cocktail“ bei allen gesellschaftlichen Gelegenheiten.

GENUSS FÜR ALLE

Mittlerweile ist der Cocktail im Volksmund der Inbegriff aller Mixed Drinks und gilt sogar für Mischungen, die komplett ohne Alkohol auskommen. Darüber hinaus gilt der Begriff als Synonym für "Mischung" auch in ganz anderen Themenbereichen. Für jede Spirituose der Welt finden sich mittlerweile aromatische Begleiter und vielerlei Kraut- und sogar Gemüsesorten dürfen in spannenden Neukreationen als „Botanicals“ mindestens mit in die Deko. Zu den meisten Ereignissen, insbesondere denen im Sommer, darf ein Cocktail-Angebot nicht fehlen. Als Gastgeber und selbstverständlich als Barkeeper sollte man die aktuellsten Trends und Cocktail-News kennen. Es sieht nicht so aus, als sei hier schon ein Ende erreicht, kein Getränk sorgt für derart ausgeprägt entspanntes Urlaubs- und Auszeitfeeling wie ein Cocktail das tut. Deshalb können wir nur empfehlen, hin und wieder einen Blick in unsere Rezeptesammlung zu riskieren und genüsslich mitzumischen.