DER RUM, DEN ES EIGENTLICH NICHT GIBT
Das Flair von Karibik, Südsee, Palmen, Fässern mit Gewürzen, reifen duftenden Früchten und goldener Sonne im Wohnzimmer – das steckt im Rum. Der heimische Spirituosengenuss besteht deshalb verständlicherweise immer häufiger aus Rum und einer ganz besonderen Rumkategorie, dem SPICED oder FLAVOURED RUM, den es in Deutschland aufgrund der EU-Spirituosenverordnung offiziell eigentlich nicht geben kann. Aber wie so häufig ist auch das eine Sache von kreativer Auslegung und pfiffiger Flexibilität in der Anspielung zur Verkehrsbezeichnung auf dem Frontetikett.
UNTERKATEGORIE DES RUM IM AUFWIND
Laut EU Spirituosenverordnung darf echter Rum, der auch diese Verkehrsbezeichnung tragen soll, nicht gewürzt oder gesüßt sein. Es gibt also in der EU keinen gewürzten oder gesüßten Rum. Punkt. Oder?
Anhang II der EG-Verordnung Nr. 110/2008: »Rum darf nicht aromatisiert werden«.
Echter Rum nach Spirituosenverordnung wird meist aus Zuckerrohrmelasse gebrannt und danach höchstens durch Lagerung in verschiedenen Holzfässern aromatisch gereift.
Hier entstehen schon wahre Aroma- und Geschmacksbomben, die Liebhaber aus aller Welt begeistern. Doch es besteht ja noch eine weitere Möglichkeit. Nämlich den gebrannten Rum mit Früchten und Gewürzen anzusetzen und deren Aromen in den Rum "einzulagern". Kurz, den Rum nachträglich zu würzen, und da bieten sich wahrhaftig sehr viele kreative Möglichkeiten.
Zunehmend ist dieser sogenannte "Flavoured" oder "Spiced Rum" auch als "Spirit Drink", "Spiced Gold" oder ähnlich fantasievoll umschriebene Spirituose im Handel zu finden, denn ihre wahre Klassifizierung, die zum Beispiel in den USA keiner Einschränkung unterliegt, kann auf den EU-Etiketten nur als "Anspielung" erscheinen. Trotzdem handelt es sich, wenn das Wort "Rum" auf dem Etikett auftaucht, im Grunde um echten Rum, der so ähnlich wie Gin, durch Früchte, Gewürze oder auch Flüssigaromen aromatisch angereichert wurde.
Diese gewürzte Rum-Variante macht sich nun immer stärker auf dem Spirituosenmarkt bemerkbar und zwar vor allem für die Club- oder Privatbar. Es gibt hier, wie überall, natürlich qualitative Unterschiede, in den Zutaten wie im Geschmack.
Zunächst ist die Grundlage für die mit Früchten aromatisierten Varianten häufiger der weiße Rum, während Kräuter und Gewürze besser zum dunklen Rum passen, der ja selbst schon mit deutlicherem Geschmacksprofil ausgestattet ist. Im "Flavoured Rum" herrscht dabei ein Fruchtaroma vor, während im "Spiced Rum" Kombinationen aus mehreren Früchten und /oder Gewürzen zu finden sind.
Dann ist es natürlich ein Unterschied, ob fertige Flüssigaromen zugegeben werden oder natürliche Botanicals, wie Zitrusschalen, Kakao- oder Kaffeebohnen, Honig, Zimt, Piment, Vanille, Kokos, Banane, Ananas oder Beeren ihre Aromen spenden dürfen.
STIEFKIND DER COCKTAILBAR
Die Ergebnisse dieser Aromatisierung mit „Flavours and Spices", der Zugabe von Süßungsmitteln und des teilweise niedrigeren Alkoholgehalts, sind natürlich deutlich schmeckbar und haben mehr mit Likör- oder Cocktailgenuss gemein, denn mit Gourmetverkostung zu tun. Im Cocktailbereich erinnern sie deutlich an das Ergebnis der südseeparadiesischen Tiki-Cocktails. Deshalb bieten die Cocktailbars diese Rum-Kategorie auch höchst selten an. Sie aromatisieren Rum eben lieber entsprechend frisch und direkt in ihren Shakern.
Doch dort, wo keine ausgestattete Mixwerkstatt zur Verfügung steht und der unbedarft leichte Rum-Genuss etwas unkomplizierter und schneller zur Verfügung stehen soll, bietet sich der sehr aromatische Spiced Rum ge genußfertig an. Er kann direkt aus der Flasche ins Glas und von dort aus seine überwältigenden Aromen verbreiten, ganz ähnlich wie beim Whisky, nur für eine andere Geschmacksgruppe.
Über Geschmäcker kann man ja bekanntlich streiten, aber man muss nicht. Wir gestehen jedenfalls jedem Menschen seine geschmacklichen Vorliebe zu und können die Genießer des gewürzten Rums an dieser Stelle vollauf verstehen. Joho, und wie!
