WHISKY FÜR WEINLIEBHABER
Hier wollen wir zwei Welten eine Brücke bauen. Eine weit verbreitete Ansicht ist nämlich, dass Weintrinker dem Whiskygenuss verständlicherweise eher ablehnend gegenüber stehen. Zu stark das Gesöff, dazu herb und kratzig, zu erdig bis chemisch die Aromen beim Whisky, besonders beim schottischen Single Malt. Eben ein Getränk für die kernige Männerrunde zu später Stunde. Kann man sowieso nicht viel davon trinken. Nichts für ausgiebige Genießer für fruchtige, leichtere bis samtige Gaumenfreuden. Soweit zu den Vorurteilen. Doch dabei wird die Vielfalt der Whisky-Aromen gnadenlos unterschlagen.
Besonders deutlich kann das in einem Whisky-Tasting werden. Sorgt der torfig rauchige Islay-Whisky noch für verknitterte Gesichter und entsprechende Kommentare, so glättet ein darauf folgender fruchtig runder Speyside-Whisky aus dem Weinfass sowohl Falten als auch Wogen. Überraschung und Interesse machen sich breit und folgende Erkenntnisse kommen ans Tageslicht.
Nicht alle Whiskys sind aus Gerstenmalz hergestellt. Verschiedene Getreidesorten ergeben verschiedene Aromen und Süßegrade. Nicht alles Gerstenmalz in Schottland wird über Torffeuer gedarrt.
Entsprechende Aromen sind also nicht in allen Whiskys drin. Dafür reifen einige Single Malt Whiskys nach der Zeit im ehemaligen Bourbon-Fass auch noch in weiteren vorbelegten Fässern nach. Manchmal sogar in mehreren verschiedenen. Wood-Finishing nennt der Kenner diese aromatische Veredelung, die mehrere Jahre dauern kann. Und hier wird es interessant für die Weinliebhaber: denn einige der für das Finishing genutzten Fässer enthielten vorher Wein- oder Weinspirituosen.
Die gängigsten Vorbelegungen sind dabei die Sherry-Sorten Manzanilla, Fino, Amontillado, Oloroso und Pedro Ximenez. Dicht gefolgt von Portwein und den Likörweinen Marsala und Madeira. Doch auch klassische Weine wie Chardonnay, Bordeaux, Barolo oder Muskateller können Vorgänger des Whiskys im Fass gewesen sein. Deren restliche Weinaromen im Holz gehen in der Reifezeit in den Whisky über. So kommt es, dass der Weingenießer auf gewohnte Aromen in einem weichen, fruchtig-süßlichen Whisky trifft – Überraschung!
DIE BESONDERHEITEN NACH FASSVORBELEGUNG
Auch irischer Whisky oder andere Destillate werden mittlerweile zunehmend einem Finishing in vorbelegten Fässern unterzogen. Deshalb halten wir die Wirkungsbeschreibung hier neutral.
Gemäß seinen Vorlieben beim Wein, kann sich der interessierte Weinliebhaber hier jedoch schon geschmacklich orientieren und beim Whisky zielgerichteter zugreifen.
FINISHING IM SHERRY-FASS
Amontillado – verleiht Süße, Säure, nussige Noten, trockenen Geschmack
Fino – verleiht, Süße, fruchtige Noten, trockenen Geschmack
Manzanilla – verleiht leichtes Salz, leichte fruchtige Noten, trockener Geschmack
Oloroso – verleiht dunkle Färbung, intensiven Geschmack, nussige Noten
Pedro Ximenez – verleiht dunkle Bernstein-Farbe, viel Fruchtaromen, deutliche Süße
FINISHING IM LIKÖR-WEINFASS
Madeira – verleiht Süße, Würze, fruchtige Noten
Marsala – verleiht Süße, Würze, Schwere
FINISHING IM PORTWEINFASS
Hier sollte man unterscheiden zwischen Portwein und Ruby Portwein. Oft wird das nicht genau angegeben, denn zweiterer hat keine so aromatische Wirkung wie ersterer. Ruby Portwein wird selbst nicht lange gelagert, sondern in relativ jungen Jahrgängen (nach ca. zwei bis drei Jahren Lagerung) trinkfertig abgefüllt. Er hat einen geringeren Oxidationsgrad und geringere Reife, schmeckt jung und fruchtig, und gibt somit auch weniger komplexe Aromen an das Holzfass ab.
Portwein – verleiht Süße, Vollmundigkeit, fruchtige Noten, viel Würze, Trockenfrüchte
Ruby Portwein – verleiht Noten von dunklen Beeren
FINISHING IM WEINFASS
Durch dieses Finishing wird der Whisky generell blumig, fruchtig, süßlich und oft trocken.
Amarone und Barolo – verleihen noch einen Hauch Bitterkeit
Chardonnay und Sauternes – verleihen zusätzliche Zitrusnoten
